What light and colour have got to do with place
by Sylvia Rüttimann
Maddalozzo’s work demonstrates how art today can deal with the question of light and colour in a clever and convincing way. As with many artists before him – the Old Masters for example, or the Impressionists - it is the visible of the surface that fascinates him. Unlike them, however, he is no painter. His interest does not lie in craft or skill, but the phenome- non as such. Light and colour, the question how we perceive them, what different meanings they may have to us – these are the issues Maddalozzo’s works, which quite often look like trial set-ups, attempt to pursue.
The installation the artist set up in the project space of gallery MadonnaFust belongs to this category. He equipped the room with fluorescent tubes that flooded the room at intervals with differently coloured light and took photographs of these alternating states of appea- rance. The prints he then hung on the walls of the photographed room, in which the fluore-
scent tubes were still lying on the floor, as if to prove that this had been the “scene of cri- me”. First and foremost, this is a work that allows us to analyse what effect different colour tones and varying levels of light intensity have on us, how hue and light, especially when seen one against the other, change the perception of space. But one may go a step further. Above all, we are also dealing with the question of how perception of colour is determined by cultural codes. And this is where we have to come to talk about the work’s title. Looking at the photographs closely one recognises a sentence, which was written on the glass panel of the gallery window with black self-sticking letters, reading the words “zu vermieten” (to let). If one takes the room depicted in the photograph as the space of a gallery illuminated with differently coloured light – which it is – the sentence is interpreted as nothing but the work’s title. But why this title exactly? For many visitors this question may seem irrelevant. A title is a title, they may think.
People who live in Berlin may understand the meaning of the illuminated room and its
title differently from most visitors from Bern, however. They will take the title quite literally and interpret the room not as belonging to a gallery, but as an empty room to let, as this
is exactly how such rooms look like in the town they come from. And this is Maddaloz-
zo’s intention. Being Italian but living in Berlin, he came to notice that in many northern countries, and especially in the German capital, coloured light was used to advertise empty offices, thus drawing the attention of potential tenants. People from Berlin are familiar with this „language“ or „code“, they know what a room illuminated with coloured light means. Or rather: what it might mean. For codes, no matter whether they relate to colour or lan- guage, are neither universal nor constant, their usage and meaning is rather determined by individual, national and cultural fashions and conventions. So, we might indeed ask: Is this now a differently lighted gallery space, in which to experience spatial conditions? Or a room to let? Or both? Or something completely different? And above all: who says so?
Was Licht und Farbe mit dem ort zu tun haben
von Sylvia Rüttimann
Maddalozzo zeigt uns, wie Kunst heutzutage mit der Thematik von Licht und Farbe auf span- nende Weise umgehen kann. Wie viele Künstler vor ihm – die Alten Meister zum Beispiel, oder die Impressionisten – interessiert ihn das Sichtbare der Welt: ihre Oberfläche. Im Gegensatz zu ihnen ist er jedoch kein Maler. Nicht dem Handwerklichen gilt sein Interesse, sondern dem Phänomen. Licht und Farbe als solches, die Frage wie wir diese Dinge wahrne- hmen, welche Bedeutung sie für uns haben können, dem versucht der junge Künstler in seinen Arbeiten, die sich oft wie Versuchsanordnungen ausnehmen, nachzugehen.
Eine solche Arbeit ist die Installation, die der Künstler im Projektraum „MadonnaFust“ ein- richtete. Maddalozzo stattete den Projektraum der Galerie mit Neonröhren aus, tauchte den Raum in zeitlichen Abständen in verschiedenfarbiges Licht und machte von jedem einzelnen Zustand eine photographische Aufnahme. Die Abzüge hängte er danach an die Wände des photographierten Raumes, in dem sich noch immer die Neonröhren am Boden befanden, wie zum Beweis, dass das Ganze auch hier stattgefunden hatte. Nun lässt uns diese Arbeit insbesondere die Wirkung analysieren, die unterschiedliche Farbklänge und Intensitäten von Licht auf uns haben, wie Farbton und Licht den Raum verändern und wie wir diesen entsprechend anders, gerade im Vergleich, wahrnehmen. Doch kann man hier noch einen Schritt weiter gehen. Es geht vor allem auch um die Frage, wie die Wahrnehmung von Farbe kulturell kodiert ist. Und hier müssen wir auf den Titel der Arbeit zu sprechen kommen. Sieht man sich die Photographien genauer an, bemerkt man den mit schwarzen auf die Scheibe aufgeklebten Lettern geschriebenen Zusatz „zu vermieten“, der natürlich so auch auf der Glasscheibe des Raumes stand . Nimmt man den dargestellten Raum als verschieden beleuchteten Galerieraum war – was er auch ist – liest man den Schriftzug als nichts an- deres als den Titel der Arbeit. Warum aber gerade dieser Titel? Diese Frage wird sich vielen Besuchern vielleicht gar nicht stellen. Ein Titel ist ein Titel, mögen sie sich denken.
Anders als vielleicht der grösste Teil des Berner Publikums werden Personen aus Berlin den beleuchteten Raum mit seiner Aufschrift verstehen: Sie werden den Titel wörtlich nehmen und dabei den Raum nicht als Galerie interpretieren, sondern denken, dass er leer steht und
zu vermieten ist, denn genau so sehen ebensolche Räume in ihrer Heimatstadt aus. Und darauf zielt Maddalozzo ab. Dem Italiener, seit einiger Zeit in Berlin ansässig, ist aufgefal- len, dass in nordischen Ländern und insbesondere der deutschen Hauptstadt leerstehende Büros farbig beleuchtet werden, um die Aufmerksamkeit potentieller Mieter auf sich zu ziehen. Berliner kennen diese „Sprache“, diesen „Kode“, wissen was ein farbig beleuchte- ter Raum bedeutet. Oder besser: bedeuten kann. Denn Kodes, seien sie wie hier farblicher, aber auch sprachlicher Natur, sind weder universell noch ewig gültig, ihr Gebrauch und ihre Bedeutung bestimmt von individuellen, nationalen, kulturellen Moden und Konventionen. So stellt sich eben in der Tat die Frage: Ist das jetzt ein verschieden beleuchteter Galerie- raum, in dem man die durch das Licht veränderten Raumverhältnisse erfahren kann? Oder eine zu vermietende Fläche? Oder beides? Oder etwas gänzlich anderes? Und vor allem: wer sagt das?